Tante Frieda : Neue Lausbubengeschichten by Ludwig Thoma

Tante Frieda : Neue Lausbubengeschichten by Ludwig Thoma

Autor:Ludwig Thoma [Thoma, Ludwig]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Erzählungen
Herausgeber: Piper
veröffentlicht: 1967-12-31T23:00:00+00:00


Coras Abreise

[122] Wie die Vakanz gar gewesen ist, da hat meine Mutter gesagt, das gute Kind muß uns leider verlassen, und sie hat die Cora gemeint. Die Engländerin, die mit ihr hergefahren ist, hat geschrieben, daß sie wieder hinfahrt, und da muß die Cora mit.

Es sind bloß mehr acht Tage gewesen, und es ist traurig gewesen. Schon in der Frühe ist es traurig gewesen, wenn wir Kaffee getrunken haben. Wenn die Cora bei der Türe hereingekommen ist, da ist unser Ännchen hingelaufen und hat sie geküßt und hat sich eingehängt, und meine Mutter hat einen Seufzer gemacht und hat gesagt, in Gottes Namen, es sind bloß mehr acht Tage. Und dann hat ihr Ännchen den Kaffee eingeschenkt, und wie die Cora gesagt hat, er ist ein bißchen schwarz, hat Ännchen furchtbar geweint und hat gesagt, sie hat es nicht mit Fleiß getan, und die Cora darf ihr nicht bös sein. Und meine Mutter hat ihr den Zucker hineingetan und hat zwei zuviel genommen und hat gefragt, ob er süß genug ist, und sie hat noch einen hineingetan.

Und Ännchen hat Butterbrot gestrichen, und meine Mutter hat Honig darauf gepappt, und sie haben alles der Cora hingelegt, und sie haben selber gar nichts gegessen.

Aber sie haben bloß immer mit dem Löffel in ihre Tassen herumgerührt, und meine Mutter hat gesagt, ach Gott, in acht Tage schwimmt das Kindchen schon bald auf dem Meere.

Die Cora hat gesagt, sie muß nicht glauben, daß es gefährlich ist, aber meine Mutter hat gesagt, es ist schon gefährlich. Sie ist einmal auf dem See gefahren, wo das Schiff stark geschaukelt hat, daß sie sich gefürchtet hat, und es war doch unser Papa dabei.[122]

Die Cora hat gesagt, ihr Schiff ist viel größer; es ist dreimal so groß wie unser Haus; da kann kein Unglück nicht passieren.

Meine Mutter hat gesagt, man muß es hoffen, und dann hat sie gefragt, ob die Cora gerne hier war.

Die Cora hat gesagt, sie ist gerne hier gewesen, und meine Mutter war so lieb zu ihr und Ännchen und alle Leute, und es war so lustig, und sie muß es ihrem Vater erzählen, wie es in der kleinen Stadt war, und wie die Leute vor dem Fenster singen und dabei der Mond auf ihre Glatze scheint.

Da hat Ännchen gelacht, aber bloß ein bißchen. Und sie ist den ganzen Tag bei der Cora eingehängt gewesen, und beim Gut Nacht sagen hat meine Mutter der Cora einen Kuß gegeben und hat gesagt, in Gottes Namen, morgen sind es bloß mehr sieben Tage. Alle Leute haben es gewußt, daß die Cora fort muß.

Im Wochenblatt ist es gestanden, daß eine junge Dame von unserer Stadt scheidet und in die Heimat der Braminen geht, und daß man allgemein Glück für diese interessante Weltreisende wünscht.

Meine Mutter ist ganz stolz gewesen, daß die Cora in der Zeitung steht, und sie hat gesagt, man muß es ausschneiden.

Aber sie hat auch geweint, weil es heißt: in die Heimat der Braminen, und es ist furchtbar weit.

Der Buchbinder Stettner, bei dem man die Schulhefte kauft



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